Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

Wir bräuchten öfter einen MUT-Ausbruch!

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Diesen Spruch habe ich vor kurzem in einem Social Media Post gelesen, gepostet von Marianne Buchegger im Kontext der Wichtigkeit der Integration von Menschen mit demenziellen Erkrankungen in die Hospiz- und Palliativversorgung.

Zugegeben, die Hospiz- und Palliativversorgung hat sich in den letzten Jahrzehnten (rasant) entwickelt. Dennoch ist noch viel zu tun. Mut braucht es auf jeden Fall, wie auch Prof. Christoph Ostgathe, Palliativmediziner aus Erlangen, attestiert. Christoph Ostgathe war bis 2023 Präsident der Europäischen Palliativgesellschaft (EAPC). Er kennt die Geschichte der Hospiz- und Palliativversorgung und gestaltet die Zukunft dieser maßgeblich.

Ende 2021 durfte ich mit ihm ein Interview*) führen, in dem er zentrale Themen ansprach, z.B. woran wir alle arbeiten sollen, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. Zu diesen Herausforderungen zählen unter anderem die demografische Entwicklung und der deutlich steigende Bedarf an Hospiz und Palliative Care in unterschiedlichen Settings. Das Ziel muss sein, trotz der steigenden Zahlen die Lebensqualität aller Menschen am Lebensende zu verbessern.

Was braucht es laut Prof. Ostgathe, um mutig in die Zukunft gehen zu können? Eine kurze Zusammenfassung des Interviews lesen Sie hier. Wenn Sie das gesamte Interview ansehen möchten, klicken Sie hier: Interview Prof. Ostgathe

Integrierte Hospiz- und Palliativversorgung. Neben der Notwendigkeit und Wichtigkeit einer spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung ist die integrierte Versorgung in allen Einrichtungen, in denen Sterben stattfindet, ein essenzieller Fokus der zukünftigen Entwicklung. Damit zusammenhängend beschreibt Prof. Ostgathe die wichtige Aufgabe der Palliativ-Expert:innen als Lots:innen, Netzwerker:innen und Unterstützer:innen all jener Kolleg:innen, die mit schwer erkrankten, sterbenden Personen und deren An- und Zugehörigen arbeiten. Im Besonderen betont er hier die Bedeutung der Palliativkonsiliardienste. Außerdem gelte es zu evaluieren, wie und wo sonst noch Palliativexpert:innen der unterschiedlichen Berufsgruppen mitreden und -beraten sollten. Der langgehegte Wunsch, fester Bestandteil des Gesundheits- und Sozialwesens zu sein, hat allerdings, so Ostgathe, seinen Preis: Man ist auch mehr Regelwerken und strikten Vorgaben unterworfen. Damit gilt es umzugehen.

Das richtige Maß an Spezialisierung. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Diversität der Patient:innen in Bezug auf ihre Erkrankungen wie auch andere Merkmale zunimmt. In der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich stellen Patient:innen mit Tumorerkrankungen den größten Anteil aller Betroffenen dar. In manchen angloamerikanischen Ländern sind es bereits mehr Personen mit anderen Grunderkrankungen. Eine Spezialisierung im richtigen Ausmaß hält Christoph Ostgathe für sehr wichtig, gleichzeitig aber auch die obengenannte Lots:innenenfunktion der Palliativexpert:innen.

Kommunikation als zentrale Kompetenz. Spezialistentum bedeutet auch, Kolleg:innen zu fördern, sie zu unterstützen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Gerade als Expert:innen für die „schwierigen Gespräche“ sind wir prädestiniert, Kolleg:innen dabei zu unterstützen, gute Entscheidungen im Sinne der und mit den Betroffenen zu fördern.

Forschung, Lehre & Weiterbildung. Wir müssen die positiven Auswirkungen von Hospiz- und Palliative Care für die Betroffenen sowie für das Gesundheits- und Sozialsystem noch viel besser sichtbar und messbar machen. In diesem Zusammenhang betont Prof. Ostgathe auch die Notwendigkeit, mehr Lehrstühle und Professuren zu schaffen – und zwar an allen Universitäten und (Fach)Hochschulen für alle Berufsgruppen, die am Lebensende gebraucht werden. Dort, wo geforscht wird, entsteht auch ein bunteres Bild der Lehre und das hat nachhaltig positive Auswirkungen.

Lernen von anderen Ländern und Sorgende Gemeinschaften. Christoph Ostgathe beschreibt, dass wir selbstverständlich und aus guten Gründen immer die Länder im Blick haben, in denen die Hospiz- und Palliativversorgung noch besser ausgebaut ist, als bei uns – und in der Tat gibt es hierzulande noch viel Nachholbedarf.

Wenn er mit seiner internationalen Erfahrung über andere Länder spricht, in denen die Hospiz- und Palliativversorgung erst am Beginn der Entwicklung steht, wird er demütig. Auf die Frage, was wir von diesen Ländern lernen können, nennt er die Sorgenden Gemeinschaften und die Nähe der Hospizbewegung zur Bevölkerung.

Wenn Sie einem sehr sprachgewandten und erfahrenen Experten zuhören möchten, wenn Sie seine Meinung dazu wissen wollen, ob unsere Thematik ausreichend positiv konnotiert an die Bevölkerung kommuniziert wird, was er zur Bildsprache der Hospiz- und Palliativversorgung und Social Media denkt, was er zum Bedarf von Fachärzt:innen für Palliativmedizin sagt, und, warum er als Professor für Palliativmedizin in diesem Interview über eine Professur für den vorderen Teil der Augennetzhaut nachdenkt, dann klicken Sie hier: Interview Prof. Ostgathe

 

Dieser Blogbeitrag wurde von Rainer Simader erstellt. Er leitet bei HOSPIZ ÖSTERREICH das Bildungswesen und ist Mitglied des Leitungsteams des Universitätslehrgangs Palliative Care.

*) Dieses Interview wurde im Rahmen eines Projektes zur Erstellung von Online-Lehrmaterial für den Universitätslehrgang Palliative Care geführt. Es wurde aus den Mitteln des Sozialministeriums gefördert.
Mehr Informationen zum Universitätslehrgang finden Sie unter www.ulg-palliativecare.at