Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

„Willkommen in unserer multiprofessionellen Palliativambulanz“

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Guten Morgen Frau Paul*), was kann ich für sie tun?“ „Ja, ich hab‘ letzte Woche die CT gehabt und in der Klinik haben sie gesagt, ich sei austherapiert, ich soll‘ zu Ihnen kommen und mich mal über das Palliative informieren…“

So beginnt nicht selten der Arbeitstag in der multiprofessionellen Palliativambulanz. Menschen mit lebensbegrenzenden Erkrankungen, für die es keine (meist tumor-)spezifische Therapie mehr gibt, kommen zu uns, um sich über „das Palliative“ zu informieren. Frau Paul wurde bis vergangene Woche noch chemotherapeutisch behandelt. „Austherapiert“ ist ein Wort, das in der Palliative Care nicht vorkommt. Denn, „wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun!“ (Andreas Heller)

Ein wesentlicher Teil der Arbeit in der Palliativambulanz sind Beratungsgespräche: Wer sind wir? Wie arbeiten wir? Was können wir anbieten? Was braucht es gerade jetzt? Wo „steht“ der Patient / die Patientin? Also: Was ist „das Palliative“?

Die Fragen auf Patient:innenseite sind oft: Was wird mich im Verlauf der Erkrankung erwarten? Was bedeutet „palliativ“, was kann man denn noch machen?

Frau Paul ist mobil, lebt mit ihrem Ehemann zusammen in einem Haus, versorgt sich selbst und ist nahezu symptomfrei. Wiederkehrende Übelkeit plagte sie nur im Zusammenhang mit der Chemotherapie.

Menschen, denen es nicht so gut geht, die mehr Symptome und pflegerischen Bedarf haben, werden gemeinsam mit spezialisierten Pflegepersonen beraten und informiert. Entsprechend erfolgt ein Austausch mit der Hauskrankenpflege, wenn diese bereits einbezogen ist.

Häufig stehen auch sozialarbeiterische Fragen an: Pflegegeldeinstufung, Organisation einer Hauskrankenpflege für zuhause, Bestellung eines Pflegebettes oder eines Hausnotrufes. Dafür stehen uns Sozialarbeiter:innen zur Verfügung, die oft unmittelbar ins Gespräch einbezogen, oder für einen Telefonkontakt vorgestellt werden. Bei Bedarf wird das mobile Palliativteam, zu dem wir engen Kontakt haben, hinzugezogen.

Frau Paul ist froh zu wissen, dass es auch spezialisierte Hilfe für zuhause gibt, wenn sie einmal nicht mehr in die Ambulanz kommen kann. Einen Erhöhungsantrag für das Pflegegeld übernimmt gleich die Sozialarbeiterin für sie. Auf meine Frage, wie es denn ihrem Ehemann mit ihrer Erkrankung gehe, meint sie: „Er redet nicht darüber…“. Da auch An- und Zugehörige von uns auf der Palliativambulanz im ganzheitlichen Sinne mitbetreut werden, biete ich Frau Paul an, den Kontakt zu unserer Psychologin herzustellen, falls ihr Mann dazu bereit ist. Sie selbst hatte psychoonkologische Betreuung an der Klinik und meint, derzeit keinen Bedarf zu haben, ist aber froh über das Angebot.

Bereits vom Mobilen Palliativteam betreute Patient:innen, die selbst noch mobil sind, können zum Beispiel zum Befüllen einer PCA-Pumpe (patientengesteuerte Schmerzpumpe) in die Palliativambulanz kommen, wo auch das entsprechende Assessment und gegebenenfalls der Wechsel einer Port-Nadel erfolgt – wie dies bei meinem nächsten Patienten der Fall ist.  Der Weg zu uns ist ihm nicht zu weit, er genießt die Gespräche, wenn er bei uns „abladen“ kann. Er will  seine Frau, die selbst Krankenschwester ist, nicht immer mit dem Thema seiner Krankheit belasten. Durch die regelmäßigen Besuche haben wir seine Schmerzeinstellung gut unter Kontrolle und können rasch reagieren, falls sich etwas ändern sollte.

Auch komplexe Verbandswechsel, Blutentnahmen für Laborkontrollen im Rahmen noch bevorstehender oder nach Chemotherapien, gelegentlich Bluttransfusionen sowie Aszitespunktionen werden durchgeführt.

Einen besonderen Stellenwert haben die im angeschlossenen Tageshospiz betreuten Patient:innen, deren unterschiedliche medizinische Bedürfnisse unmittelbar in der multiprofessionellen Palliativambulanz erfüllt werden – auch, um ihnen den zusätzlichen, oft anstrengenden Weg zum Hausarzt zu ersparen. Dadurch lässt sich, gemeinsam mit der Pflege, ein enges, unterstützendes Netzwerk für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen knüpfen. Mit den Hausärzten und -ärztinnen und allen anderen in der Behandlung und Begleitung involvierten Personen stehen wir in engem Austausch. Das ist wichtig, damit alle „auf demselben Stand“ sind, was laufende Therapien und den Unterstützungsbedarf betrifft. Vielerorts gibt es nun auch Palliativkonsiliardienste an den Krankenhäusern, mit denen wir zusammenarbeiten, wenn eine:r unserer Patient:innen stationär aufgenommen werden muss.

Gelegentlich ergibt sich auch der Bedarf einer raschen stationären Aufnahme auf unsere Palliativstation. Umgekehrt betreuen wir Patient:innen nach Entlassung von der Palliativstation gerne weiter, weil wir sie ja bereits kennen.

Nicht unerwähnt bleiben darf der Anteil und die Wichtigkeit der Dokumentations- und Kommunikationsarbeit in der Palliativambulanz, weil sie einen unschätzbaren Wert im Informationsfluss darstellen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sämtliche beteiligten Betreuer:innen im und außer Haus die ihnen anvertrauten Patient:innen und Familien kennen und damit auch die Betreuung und Begleitung bestmöglich leisten können.

Mit der multiprofessionellen Palliativambulanz sehen wir die Möglichkeit, „Early Integration“ von Hospiz und Palliative Care zu verwirklichen. Wir haben auf die wachsende Zahl an Anfragen reagiert und können so die Kontinuität in der palliativen Betreuung gewährleisten.

*) Name von der Redaktion geändert

Autorin:
Dr.in Gabriele Hofer,
Palliativmedizinerin der interdisziplinären Palliativambulanz im Hospizhaus Hall i. Tirol
Kontakt: palliativambulanz@hospiz-tirol.at

 Bildquelle: pexels