Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

„GEMEINSAM IN DIE ZUKUNFT“ hieß es am 7.Oktober 2022

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Ein anregender Fachtag und informationsreiches Netzwerktreffen

Anlässlich des Welt Hospiz und Palliative Care Tags am 2. Samstag im Oktober (8.10.22) organisierte der Dachverband Hospiz Österreich einen Tag davor, am 7.Oktober 2022, einen Fachtag und Netzwerktreffen „GEMEINSAM IN DIE ZUKUNFT“, Herausforderungen, Visionen und Ziele für die spezialisierte Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene im Palais Berg in Wien.

Mehr als 130 leitende Mitarbeiter:innen der spezialisierten Hospiz- und Palliativeinrichtungen für Erwachsene hörten Vorträge von Piret Paal, Sonja Thalinger und Heather Richardson, beteiligten sich an interaktiven Formaten und der Suche nach neuen Lösungen.

Aktuelle Themen waren z.B. die Notwendigkeit Wissen um Hospiz und Palliative Care (HPC) in der Bevölkerung breit zu verankern, Stärkung von HPC in der Grundversorgung (Heime, Mobile Pflege, Krankenhäuser), Personalentwicklung und Ressourceneinsatz, Ehrenamt, Aufgaben in der Zukunft und Weiterentwicklung.

Als Freund und Partner der Hospizbewegung verbunden und nicht als Ehrengast sah sich Eröffnungsredner Mag. Franz Portisch, Generalsekretär des Sparkassenverbands. Bis ins Jahr 2007 reicht die Kooperation zwischen Sparkassenverband und Dachverband Hospiz Österreich zurück, seit nunmehr 15 Jahren werden vom Sparkassenverband, Erste Bank und Erste Stiftung Ausbildung, Vernetzung und Aktivitäten vor allem im Bereich der Ehrenamtlichen unterstützt.

Die neue Präsidentin des Dachverband Hospiz Österreich, Barbara Schwarz, entschuldigte Sektionschef Mag. Manfred Pallinger aus dem Bundesministerium für Soziales, der aufgrund von Sitzungen zur Umsetzung des neuen Hospiz- und Palliativfondsgesetz verhindert war.

Sie griff das von Moderator und Bildungsleiter Rainer Simader anfangs eingebrachte Bild des Hauses Hospiz auf und meinte, nach fast 30 Jahren gehörten manche Zimmer des Hauses Hospiz Österreich vielleicht renoviert, die Hospizbewegung wachse und entwickle sich jedoch stetig weiter.: „Leben ist Veränderung, aber die Veränderung in der Zukunft ist niemals eine Beurteilung der Vergangenheit.“

Dr.in Piret Paal, Privatdozentin für theoretische Pflegewissenschaft mit Fokus auf Palliative Care und stellvertretende Direktorin des WHO-Kollaborationszentrums am Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) Salzburg, benannte die Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft und damit auch die Hospiz- und Palliativversorgung stehen: Steigende Lebenserwartung, damit einhergehend mehr chronische Krankheiten und Multimorbidität, komplexere, längere und pflegeintensivere Sterbeprozesse. Die Menschen haben zunehmend mit psychischen Problemen zu kämpfen und sozio-ökonomische Ungleichheiten wie Armut, Geschlecht, Migrationsgeschichte prägen Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen. Der Personalmangel wird weiter steigen. Ihre Schlussfolgerung: Wichtig ist das Thema Qualität und ihre Evaluierung. Palliative Care in der Aus- und Weiterbildung der Medizin und Pflege und die Integration von Palliativversorgung in das staatliche Gesundheitswesen sind dabei von höchster Bedeutung.

Die derzeit stellvertretende und für 2023 designierte Geschäftsführerin des Dachverbands Hospiz Österreich, Sonja Thalinger MSc, widmete sich in ihrem Beitrag der Würde als zentralem Wert der Hospiz- und Palliativbewegung und Würde als Möglichkeitsform. Sie erläuterte die neuen Herausforderungen – im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz zur Sterbeverfügung und dem assistierten Suizid – und folgerte, dass sich auch die Identität der Hospiz- und Palliativbewegung in diesem Kontext verändern wird. Wie, hänge von den von jeweiligen Trägern gesetzten Rahmenbedingungen und von der Qualität von Schulungs- und Reflexionsangeboten ab. Neutralität sei, nach Angelika Feichnter, bei dem Thema des Assistierten Suizids keine Option. Eine Herausforderung besteht für die Gesellschaft darin, über das Thema nachdenken und Stellung beziehen zu müssen, eine andere dennoch im Gespräch zu bleiben und auch im Falle unterschiedlicher Meinungen, Spaltung zu vermeiden.

Heather Richardson, bis 2022 Geschäftsführerin des St. Christophers Hospice London, leitet nun ebendort die Bereiche Weiterbildung, Forschung und Strategie, ist Professorin an der Lancaster University und Senior Research Fellow am Harris Manchester College, Oxford University. In ihrem Vortrag ging es um die Entwicklung der Arbeitskräfte. Das Gesundheitssystem steht kurz nach der Pandemie noch sehr unter Druck, die Erwartungen der Menschen sind hoch, die Bedürfnisse verändern sich. Das Personal will die diversen Ansprüche befriedigen, kann das Tempo der letzten 2,5 Jahre nicht aufrechterhalten und macht sich Sorgen um die Zukunft und das eigene Fortkommen. Auch wenn die Resilienz des Personals oft stärker ist, als angenommen wird, müssen die Führungskräfte jetzt Visionen entwickeln, den Schwung behalten und ihre Mitarbeiter stärken.  Change ist eine große Herausforderung für alle, strategisches Vorgehen genauso wichtig wie Menschlichkeit, Solidarität und der Blick über den Tellerrand. Neue Möglichkeiten entstehen durch interdisziplinäre Kontakte und Zusammenarbeit, Wertschätzung von guter Arbeit und gegenseitige Unterstützung. Hier wurden neue Formate in der Weiterbildung und Vernetzung in St. Christopher’s als hilfreich erlebt. Ermutigung, „Glück“ in der Arbeit, Identifikation mit den Werten und Vertrauen in die Organisation sind für Hauptamtliche, aber auch Ehrenamtliche essenziell. „Unsere Mitarbeiter sind unsere wichtigste Ressource,“ meinte Heather Richardson, „daher müssen wir ihr Wohlergehen schützen, ihnen Perspektiven aufzeigen und dafür sorgen, dass sie ihr Bestes geben können. Führungskräfte müssen jetzt agieren und brauchen dafür auch kollegiale Unterstützung. Kommen Sie und lernen Sie uns in St. Christopher’s kennen!“

Am Nachmittag gab es noch Workshops als Netzwerktreffen in den Strukturen der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung, in denen Themen wie die Personalsituation, Defizite in der Grundversorgung, Schnittstellen zwischen stationärer und extramuraler Arbeit, multiprofessionelle Zusammenarbeit und Einsatz von Ressourcen diskutiert wurden.

Ein besonderer Programmpunkt war das unterhaltsame und berührende Programm „Ich, die ich Dich liebe“, von Brigitte Karner (Lesung) mit Ingrid Oberkanins (Percussion) mit Geschichten über Liebe und Verlust, Frau-Sein und Mensch-Sein. Die Teilnehmenden hörten mit großer Begeisterung Lyrik und Prosa von Gioconda Belli, Christine Lavant und Saint-Exupéry – ganz im Sinne des Mottos des Welt Hospiz und Palliative Care Tags 2022 „Herzen und Gemeinschaften heilen“.

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Fachtag und Netzwerktreffen
15.September 2023
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30 Jahre Hospiz Österreich!

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