Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

Viel Fingerspitzengefühl! – Der Universitätslehrgang Palliative Care in der Pädiatrie

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Die humane Versorgung schwerstkranker sowie sterbender Kinder und Jugendlicher verlangt eine ganzheitliche Sicht und enormes Einfühlungsvermögen.

Der Universitätslehrgang Palliative Care in der Pädiatrie richtet sich unter anderem an den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Ärzt*innen der Pädiatrie und Allgemeinmedizin, Absolvent*innen der Palliativbasislehrgänge oder einer vergleichbaren Ausbildung in Stufe II, Mitarbeitende in Hospiz- und Palliativeinrichtungen sowie Therapeut*innen.

Die Teilnehmer*innen der interdisziplinären Ausbildung lernen, ihr theoretisches Wissen mit dem Blick auf das jeweilige Kind und dessen Familie, angepasst an die individuelle Situation, ehrlich und behutsam weiterzugeben sowie Möglichkeiten und Grenzen der Behandlung differenziert aufzuzeigen. In dieser Hinsicht ist der Lehrgang einzigartig, weil er parallel zur theoretischen Wissensvermittlung weitergibt, wie man mit diesem Wissen Entscheidungen trifft, wie man dieses Wissen betroffenen Familien vermittelt und es schließlich auch anwendet.

Dr.in Sabine Fiala Preinsperger (Lehrgangsbegleitung)

Als interessierte Quereinsteigerin im Bereich der Palliative Care für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene war mir von Anfang an klar, dass ich mich fachlich weiterbilden muss, um in diesem Bereich gut wirken zu können. Aus dem psychosozialen beziehungsweise pädagogischen Bereich kommend, war ich auf der Suche nach einem passenden Bildungsangebot, das mich über meine Fachrichtung hinausblicken und in die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen des palliativen Bereichs hineinblicken lässt. Ich wollte mir eine gute Grundlage für die Arbeit mit den Kindern und Familien schaffen und gleichzeitig im Rahmen einer Fortbildung ausloten, ob ich diesem Thema emotional gewachsen bin und wie ich meine bisherigen Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Eltern professionell einbringen kann.

Zum meinem großen Glück funktionierte bei meiner Suche das österreichweite fachliche Netzwerk: Mir wurde die interprofessionelle Ausbildung „Palliative Care in der Pädiatrie“ empfohlen.

 Im Rahmen des Lehrgangs und im Austausch mit den Teilnehmer*innen, war für mich neben den fachlichen Impulsen und Vorträgen aus den unterschiedlichen Professionen die Konfrontation mit meinen eigenen Ideen, Vorstellungen, Ressourcen, Ängsten und Kräften in Zusammenhang mit den Themen Krankheit, Schmerz und Leid, Tod und Trauer grundlegend wichtig. So konnte ich einerseits meine eigene Haltung und Herangehensweise an die unterschiedlichen Themen aufbauen und festigen und dabei gleichzeitig meine eigenen Vorstellungen und Bilder, was für Familien, in denen ein lebensverkürzend erkranktes Kind lebt, wichtig und notwendig ist, überprüfen.

Zu erkennen, was es für eine Familie und deren Lebensalltag bedeuten kann, unter großem und herzlichem Einsatz die Pflege und Betreuung ihrer kranken Kinder zu übernehmen und wieviel Aufwand, Einschränkung, Sorge, Anstrengung dabei nötig, aber auch wieviel Freude und Leben in dieser gemeinsamen Zeit möglich sind, haben mich sehr berührt. Ich fühle mich durch die Ausbildung bereichert und gestärkt für die Arbeit mit den Familien.

Helga Schiffer (Absolventin)


Der Lehrgang Palliative Care in der Pädiatrie umfasst 150 Unterrichtseinheiten, sowie 40 Stunden Praktikum in einer auf Kinder spezialisierten Einrichtung. Außerdem gilt der Lehrgang als Teil des Universitätslehrgangs für Palliative Care an der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg (Abschlussmöglichkeit Master).

Aus diesem intensiven Jahr der Weiterbildung kommen alle gestärkt heraus. Neben der Vielzahl an theoretischen Inputs prägen die regelmäßigen Diskurse, Selbstreflexionen, Rollenspiele und der Halt in einer Gruppe mit demselben Ziel: nämlich innezuhalten bei den verletzlichsten Patient*innen und deren Familien.  Unser Anspruch ist es, diesen in ihrem verkürzten gemeinsamen Leben eine würdige Lebenszeit zu ermöglichen.

In Rollenspielen erfahren die Teilnehmer*innen, wie sich Kind und Eltern, aber auch Professionelle fühlen. Durch diese besondere Form der Auseinandersetzung mit sich selbst und Anderen können Bedürfnisse sowie Einstellungen und Verhaltensweisen besser verstanden werden.

Neben diesen berührenden Erfahrungen stellt auch das Üben des Ansprechens von schwierigen Inhalten sowie das Aushalten von Schweigen einen wichtigen Schwerpunkt dar. In die Rolle von Kolleg*innen anderer Berufsgruppen zu schlüpfen hilft dabei, Wertschätzung gegenüber diesen zu entwickeln, da man erleben kann, welche Hürden sie zu meistern haben.

Am Beispiel des Schmerzes etwa zeigt sich, wie essenziell es ist, Patient*innen und deren Angehörige sorgfältig zu beobachten, zuzuhören und Glauben zu schenken, aber auch andere Professionelle unabhängig von Berufszugehörigkeiten und Hierarchien anzuhören und deren Erfahrungen und Beobachtungen in gleichem Maße einzubeziehen.

Eitelkeit hat in der palliativen Versorgung keinen Platz. Die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und den Familien sowie die Zusammenarbeit auf Augenhöhe sind Voraussetzungen für palliative Arbeit in der Pädiatrie. Den Mut zu haben Entscheidungen neu zu treffen, zu revidieren und einen neuen Weg einzuschlagen, weil sie den Bedürfnissen des Kindes und seiner Familie eher entsprechen und nicht starrsinnig seinen Weg zu verfolgen – das ist Fingerspitzengefühl!

Renate Hlauschek, MMSc (Lehrgangsbegleitung), Geschäftsführende Vorsitzende MOKI NÖ und Mitinitiatorin des Lehrgangs Palliative Care in der Pädiatrie)

Sie haben Interesse am Lehrgang Palliative Care in der Pädiatrie?

Weitere Informationen: www.ulg-palliativecare.at

Anmeldung: www.ulg-palliativecare.at/anmeldung/

Fotos: PalliativeCare(c)gorodenkoff